"Zickenkrieg"

„Nie wieder mit den pubertierenden Zicken“.   (Ohnmachtserklärung eines Trainers nach einem Winterlager)

Was war geschehen? Der Trainer hatte für einen Langlaufwettkampf die Sportlerinnen eingeteilt, wie üblich die schwachen zuerst, die schnellsten zum Schluss. Einige Mädchen fühlten sich ungerecht behandelt. Anstatt mit dem Trainer zu sprechen, wurden die Handys bedient und binnen kurzem hat sich der Tratsch von den Bergen an die heimatliche Küste ausgeweitet. Inzwischen hatten sich die Fronten im Schnee noch mehr verfestigt. Bei Twitter mutierte der Trainer zum „Blödmann“, es tauchen Worte auf wie „Verleumdung“ und „Das wird ein Nachspiel haben“. Die Zicklein hatten das Kampfbanner erfolgreich an die Ziegen übertragen.

Forscher vom Max-Planck-Institut aus Leipzig haben festgestellt, dass sich Schimpansinnen eher an eine Gefährtin binden, während sich die Männchen größeren Gruppen hinzugezogen fühlen. In Wettbewerbssituationen scheinen die Menschen das Erbe ihrer Vorfahren zu pflegen. Während Männer eher mit physischer Gewalt und verbaler Aggression reagieren, entscheidet sich das weibliche Geschlecht mehr für „rationale Gewalt“, in dem es Allianzen schmiedet, um andere auszuschließen. Frauen attackieren mit anderen Waffen: Sie beschädigen den Ruf ihrer Gegner, manipulieren – oder versuchen, andere aus der sozialen Gruppe auszuschließen, wie eine Studie des amerikanischen Psychologen Benenson gezeigt hat (Süddeutsche.de vom 22.03.11).

Wie das Beispiel zu Beginn zeigt, ist dieser Kriegsschauplatz kein Privileg der Zicklein, aber früh übt sich, wer eine Meisterin werden will. Besonders geeignet sind pubertierende Mädchen mit ihrer „Lasst-mich-doch-in-Ruhe“ Grundstimmung. Deshalb sind Trainer gehalten, bei ihrer Reise in das Winterlager nicht nur das Skikostüm, sondern auch ein passendes Nervenkostüm einzupacken. Die Grundausbildung der Kriegerinnen beginnt aber bereits im Elternhaus. Und es kann nicht in einem zweiwöchigen Trainingslager nachgeholt werden, was in der Familie versäumt wurde.                                       

Viel stürmt auf Mädchen in immer früherem Alter ein (teilweise schon ab 10 Jahre). „An einem Tag eines Pubertierenden passiert vermutlich mehr Neues als in einem Monat unseres Erwachsenenlebens“[1]  :

Man ist mit sich selbst nicht im Reinen und möchte zugleich den Jungs gefallen. Aber wie kriegt man die verdammten Pickel weg? Und trägt man nun auch schon einen BH wie Angelika, der die Jungen unentwegt auf den Busen starren? Und warum interessiert sich Dieter für Erika obwohl ich mich beim Frühstück neben ihn gesetzt habe? Und dann nervt der Trainer mit seinen ständigen Forderungen: Lauf! Schwimm! Iss ordentlich! Nachtruhe! Handy weg! Da hätte ich auch bei meinen Eltern bleiben können.                          

In aller Regel wird der Aufstand erst einmal zu Hause geprobt.  Aber der beste Kriegsschauplatz ist nun einmal die Gruppe, ob die Klassen- oder Trainingsgruppe, befeuert durch das Gerangel um Noten und Plätze. Rivalität gehört zum menschlichen Sozialverhalten.  Würde der Trainer auf alle Gefechte eingehen, dann kann er gleich das Wasser aus der Schwimmhalle lassen. Zunächst sind Ruhe und Gelassenheit gefragt. Aber nicht wegsehen, wie einer Diskussion (auch noch) unter Lehrern im Internet entnommen werden kann:

„Lass die Zicken Zicken sein und die Rotzlöffel Rotzlöffel, und kümmere Dich um einen anspruchsvollen und hart fordernden Fachunterricht, in dem Schüler keinen Raum haben, an etwas außerfachliches zu denken und über andere abzulästern! Ich denke nicht, dass es diesen verwöhnten Gören und frechen Jungs guttut, wenn man ihnen zu viel Aufmerksamkeit Raum für ihr unsoziales Verhalten schenkt.“

Größte Vorsicht ist geboten, wenn das „pubertäre Getue“ in Mobbing ausartet und mit digitalen Waffen gekämpft wird, wenn der Psycho-Zoff von der kleinen Theaterbühne in das Chat gerät

Schritte zur Konfliktbewältigung für Trainer und Eltern[2]

  • Ursachen analysieren (was hat den Zickenkrieg veranlasst, wer hat warum begonnen?)
  • Konfliktursachen in der Gruppe offenlegen (u.U. als Rollenspiel)
  • Die Parteien müssen miteinander sprechen, dabei Kompromisse eingehen und üben zu diskutieren, ohne den anderen zu verletzen, zuhören können/lernen („Worte statt Waffen“)
  • „Waffenstillstand“ als Zwischenergebnis
  • Unparteiisch bleiben, gegebenenfalls Schlichter (neutrale Person) einschalten
  • Grenzen deutlich machen
  • Teamgeistes entwickeln (Konfliktgruppen in eine Mannschaft bei Staffelwettkampf, Schnitzeljagd usw.)
  • Vorbild sein (niemanden bevorzugen, Aggressivität zügeln, auch entschuldigen können als Zeichen des Respekts, nie demütigen)
  •  (für den Trainer) Aufgaben stellen, die die „Zicken“ gemeinsam lösen können, z.B. als eine Mannschaft beim Staffelwettkampf, ein Ziel bei der „Schnitzeljagd“ usw.

Bei Zickenkrieg kann ein Gruppenaktiv, ähnlich dem Klassenrat in der Schule, manches Problem besser lösen, als wenn man das nur den Erwachsenen überlässt. Und immer wieder: sprecht miteinander, nicht via Smartphone, sondern Auge in Auge (nicht Auge um Auge). 


[1] Marius, F. So redest Du mir Deinem Kind. Netmoms.de

[2] Als Empfehlung: http://www.schulpsychologie.at/persoenlichkeit-brgemeinschaft/konfliktloesung/

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