Blut ist ein ganz besondrer Saft (Goethe)

Neuerlich wird im Training unserer Tochter Laktat gemessen. Nun liegt sie uns immer mit irgendwelchen Werten im Ohr, mit denen wir nichts anfangen können. Wie verhält sich das und ist es überhaupt rechtens?

Laktat ist ein Salz der Milchsäure, das im glykolytischen Stoffwechselweg (Energiegewinnung aus Glykogen) bei intensiver Muskelarbeit entsteht. Es wird gebildet, wenn die aerob (mit Sauerstoff) gewonnene Energie nicht mehr ausreicht, um den Energiebedarf der Muskulatur zu decken.  Gewonnen wird es aus einer geringen Menge Ohrkapillarblut und danach nasschemisch (Labor) oder trockenchemisch (vor Ort mittels Teststreifen) gemessen.

Aus dem Verhältnis von Schwimmgeschwindigkeit pro Strecke (m/sec) und der Höhe der Laktatkonzentration (gemessen in mmol/l) kann auf den Entwicklungsstand der aeroben oder anaeroben Leistungsfähigkeit geschlossen werden. Obwohl damit der Laktatwert die Belastungsintensität zutreffender beschreibt als die Geschwindigkeit (die immer im Verhältnis zur Belastungsdauer gesehen werden muss) oder der Puls, ist dessen Interpretation nicht einfach, da er von vielen Faktoren abhängt. Das sind innere Faktoren wie die Muskelfaserstruktur, die Aktivität von Enzymen, das Niveau der sportlichen Technik und der Kraft der Antriebsmuskulatur und äußere wie der Zeitpunkt der Abnahme, das Messgerät oder die Abnahmetechnik. Zudem hängt die Höhe des Laktatspiegels vom Alter und Geschlecht ab. Die Werte liegen bei Schwimmwettkämpfen zwischen 8 mmol/l (1500 F) und 15 mmol/l (100/200 F), Frauen etwa 2 mmol/l niedriger (s. Abb.). Besonders muskulöse Sprinter erreichen immerhin Werte um 24 mmol/l, die bei einem „Normalsterblichen“ die künstliche Niere angeraten lassen. So sind sie ein Beispiel der Anpassungsfähigkeit des menschlichen Organismus, denn es wurden mit dem intensiven Training auch die Mechanismen ausgebildet, die das Laktat weiter verstoffwechseln. Somit ist Laktat kein Abfallprodukt („böses Laktat“), sondern ein Zwischenprodukt, das noch weitere Stoffwechselpotenz besitzt. Hier spielen neuere Erkenntnisse der Wissenschaft (z.B. Lactat-shuttle-system) eine große Rolle bei der Neubewertung des intensiven Ausdauertrainings.

Durch diese Zusammenhänge ist das Laktat, trotz zunehmender Kritik wegen seines „Alleinganges“, im Schwimmen eine wesentliche Messgröße der Trainingssteuerung, hier besonders durch die Berechnung der Laktat-Leistungskurve nach Stufentests (s.C.12). Die Rechtsverschiebung dieser Kurve ist ein zuverlässiger Nachweis der Wirkrichtung des Trainings. Sie können das mit Ihrem Auto vergleichen. Einmal geht es darum, mittlere Geschwindigkeiten bei geringem Benzin(Laktat)verbrauch zu fahren (Ökogang= GAI), andererseits möchten Sie aber auch in bestimmten Situationen (z.B. Überholvorgang= SA/WA) schnell beschleunigen, bei stark erhöhten Benzin(Laktat)verbrauch. Die Interpretation der Stufentests setzt viel Erfahrung voraus, die Zusammenarbeit mit einem versierten Sportmediziner ist wünschenswert.

Abschließend noch ein Wort zur Rechtslage, da einige Eltern in der Blutabnahme (die ja durch einen kleinen Einstich erfolgt) bei ihrem Kinde eine „Körperverletzung“ sehen.  In vielen Vereinen hat man vorsichtshalber die Einwilligung der Eltern eingeholt. Damit ist man zwar immer auf der sicheren Seite. Das ist aber nicht erforderlich, wie ein Urteil des Obersten Gerichtshofs zeigt, wonach die Verwendung von Geräten, die der Selbstdiagnose dienen und ohne medizinisches Fachwissen bedient werden können, nicht in diesen Bereich fällt. Die Messung von Blutwerten mit vollautomatischen Geräten, die auf eine Nutzung durch Laien angelegt sind, kann nicht mit einer wissenschaftlichen Blutanalyse unter Laborbedingungen verglichen werden, für die zudem eine Gewerbeberechtigung erforderlich ist (OGH, 4Ob168/06v).

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