"Schwimmen im Kopf"

Unsere Tochter hat nur noch das Schwimmen im Kopf. Wir befürchten, dass darunter ihre weitere Lebensplanung leidet. 

Der Wanderer muss nicht nur den Weg, sondern auch den Horizont dahinter sehen. Kemal Atatürk, erster Staatspräsident der Türkei

Wie beispielsweise in der Musik ist eine frühzeitige und zeitaufwendige Ausbildung erforderlich, um zu Höchstleistungen zu gelangen (s.A.02). Aber selbst wenn Ihre Tochter einen Großteil ihrer freien Zeit in Schwimmhallen, Sportstätten und auf den Weg dahin verbringt, sollten andere Interessen nicht aufgegeben werden und der Freundinnenkreis sich nicht nur auf die Trainingsgruppe beschränken. Um im späteren Leben „seinen Mann“ zu stehen, ist eine vielseitige Ausbildung mit entsprechenden Interessen, Neigungen und Kontakten erforderlich. Der Spitzensport im Schwimmen wird nur in Ausnahmefällen jenseits der 30 betrieben. Wenn nicht langfristig „ein Leben nach dem Sport“ vorbereitet wird, steht der Sportler vor dem Nichts.

Es gibt aber auch noch einen kurzfristigen Gesichtspunkt zu beachten. Nur in wenigen Fällen hangeln sich Sportler von Erfolg zu Erfolg. Durststrecken und Niederlagen gehören ebenso zum Sport wie Siege. Die Erfahrung zeigt aber, dass der vielseitig orientierte Sportler Misserfolge besser verkraftet, da er ein „Ausweichventil“ hat:  Im Schwimmen lief das am Wochenende nicht so gut, aber mein Aufsatz in Deutsch ist gelobt worden. Wenn es diesen Halt nicht gibt, wenn schon jede unbefriedigende Trainingsleistung am Selbstwertgefühl kratzt, dann besteht die Gefahr, mit unlauteren Mitteln nachzuhelfen. Sie sollten also Ihre Tochter dahingehend unterstützen, dass sie stets ein „zweites Standbein“ hat und ihre Lebensplanung nicht nur an den Sport bindet (s. B.14).

Eine gute Möglichkeit Schule und Sport zu verbinden, sind die Eliteschulen des Sports (s. A.10/11). So hat sich die Sportschule Potsdam auf die Fahnen geschrieben, schulische Bildung und sportliche Ausbildung zu koordinieren, ohne einen der beiden Bereiche auf Kosten des anderen zu vernachlässigen“. Sollte Ihre Tochter bereits wegen guter Leistungen in den Kaderkreis aufgenommen werden, dann können Sie oder ihr Kind die Laufbahnberatung der Olympiastützpunkte in Anspruch nehmen, die neben der Karriereplanung auch bei schulischen Problemen hilft.

Stellen Sie sich folgende Fragen (Quelle: NADA „Gemeinsam gegen Doping“):

  • Welche Zukunft stelle ich mir für mein Kind vor? Was erwarte ich von meinem Kind?
  • Wie denke ich darüber: Kann man im Sport nur etwas erreichen, wenn man seine Energie und Konzentration ganz darauf richtet? Besteht die Gefahr, dass man sich sonst verzettelt?
  • Falls Sie selbst im Hochleistungssport aktiv waren: Wie war meine Lebensplanung? Welche Rolle spielte der Sport? Was habe ich vermisst?
  • Wie motiviere ich meine Tochter/meinen Sohn dazu, Alternativen zum Sport zu entwickeln?

Was können Sie tun?

  • Rücken Sie die Lebensbereiche Ihrer Tochter außerhalb des Sports in deren Blickfeld.
  •  Sprechen Sie mit Ihrer Tochter über berufliche Alternativen, die sich mit dem Sport verbinden lassen.
  • Denken Sie dabei daran, dass es vielen jungen Athleten schwerfällt, sich eine Alternative zu überlegen und herauszufinden, wo überhaupt andere Interessen liegen könnten, weil der Sport einen großen Teil des Denkens und des Lebens besetzt. Unterstützen Sie Ihr Kind bei dieser Suche und regen Sie es dazu an, die Laufbahnberatung in Anspruch zu nehmen.
  • Bieten Sie gemeinsame Unternehmungen an, die nichts mit Sport zu tun haben.

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