Grundlagentraining

Meine 7jährige Tochter hat das Schwimmen erlernt und soll demnächst in das Grundlagentraining übernommen werden. Weiß sie wirklich schon, ob sie Leistungssport betreiben möchte und kann sie in dem Alter selbst entscheiden?

Betrachten wir die Frage unter zwei Aspekten, einmal vom Entscheidungsvermögen in bestimmten Entwicklungsabschnitten, zum anderen ob der Leistungssport in diesem Alter bereits ein erstrebenswertes Ziel ist.

Die Entwicklungspsychologie unterscheidet im Kindesalter vier Entwicklungsperioden: frühe Kindheit (0-2 Jahre), Kindheit (2-4 Jahre), Schulübergang und frühes (5-7 Jahre) sowie mittleres Schulalter (8-12 Jahre)[1] . In jedem dieser Entwicklungsabschnitte haben die Kinder Aufgaben entsprechend ihrem Alter zu lösen. Vieles hat Ihre Tochter bereits geschafft, wie zum Beispiel Sprechen, Gehen und Schwimmen. Bereits mit sechs Monaten können Kinder ein einfaches Ursache-Wirkungsprinzip erfassen. Ab dem achten Monat können sie bereits Handlungen in kleinen Zeitabschnitten planen. Zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr erkennen Kinder, was andere meinen und denken. Allerdings wird in Rollenspielen gern noch Fantasie und Wirklichkeit verwechselt. Mit 6 Jahren können sie schon gut benennen, sortieren, ordnen, vergleichen, kategorisieren, Reihenfolgen bilden[2]. Aber sie können ihre Denkleistungen nur vollbringen, wenn sie es mit tatsächlich vorhandenen oder vorstellbaren Dingen zu tun haben.  Es geht noch nicht ohne Ihre Hilfe. So betrachtet auch die Rechtsprechung den Kindeswille als Ausdruck des subjektiven Kindesinteresses, ordnet ihn aber dem Entscheidungsmaßstab Kindeswohl unter (s. A.11).

Ob Ihr Kind talentiert ist, zeigt erst die Zukunft. Deshalb sollten Sie vorsichtig sein und ihm nicht irgendwelche Flausen (Olympiamedaille) in den Kopf setzen.  Jetzt geht es erst einmal um die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Verhaltensweisen im Training, das Erlernen der vier Schwimmtechniken einschließlich Start und Wende, der wichtigsten Übungen zur Kräftigung und Beweglichkeitsschulung und das Einhalten der Wettkampfbestimmungen. Konkrete Ziele für jeden Tag. Und Ihr Kind sollte motiviert sein, das Neuerlernte im Wettbewerb zu zeigen, denn der ist im Leistungssport nun einmal das „Salz in der Suppe“ (s. D).

Übrigens:

  • wenn Sie Ihrem Kind Aufgaben abnehmen, die es selbst lösen kann,
  • keine Geduld haben, wenn es eine Aufgabe lösen will,
  • es permanent vor angeblicher Überforderung schützen,

dann erziehen Sie es nicht zur Eigenständigkeit, die sie zukünftig benötigt, um selbst entscheiden zu können.                                                         

Mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Kindes treten dann Verantwortlichkeit und Sorgerecht der Eltern zurück. Aber da müssen schon noch einige Jahre ins Land gehen. Oft sind selbst Jugendliche überfordert, wenn sie „zu früh Verantwortung für ihre Schul- und Berufskarriere sowie ihre sozialen Beziehungen übernehmen müssen, ohne den nötigen sozialen und psychischen Halt und die entsprechende Unterstützung durch die Erwachsenen.“

Grundlagentraining ist die erste Etappe des Nachwuchstrainings, in der die wesentlichen Voraussetzungen für sportliche Höchstleistungen in der jeweils gewählten Sportart geschaffen werden (https://schwimmlexikon.de)


[1] Bensel, J. & Haug-Schnabel, G.(2005): Grundlagen der Entwicklungspsychologie. Freiburg: Herder

[2] Vollmer, K. (2005): Das Fachwörterbuch für Erzieherinnen und pädagogische Fachkräfte. Freiburg: Herder, S.48

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