Weg zum Training

Der Weg zum Training – Unser achtjähriger Sohn möchte gern zum Schwimmtraining. Er müsste aber zweimal in der Woche allein zur Schwimmhalle gehen, weil wir berufstätig sind und keine Zeit haben. Der Verein bietet keine Lösung an. Wie sollten wir uns entscheiden?

Ob Ihr Kinde den Weg zum Training allein absolvieren kann, lässt sich nicht aus dem Stehgreif beantworten, da man dazu bestimmte Voraussetzungen kennen muss, angefangen von den Örtlichkeiten (Entfernung, Lage, Verkehr) bis zur Selbstständigkeit Ihres Kindes. Diese Unterschiede sind oft sehr groß, so dass Vergleiche mit Gleichaltrigen („Karl darf das aber…“) nicht immer hilfreich sind. Wann ein Kind allein zu Schule oder Training gehen kann, können nur die Eltern beurteilen.

Juristisch ist die Frage dahingehend geklärt, dass Sie bis zur Volljährigkeit Ihres Kindes die „Personensorge“ haben, darunter fällt auch die Aufsichtspflicht. Das heißt aber nicht, dass Ihr Sprössling bis zum 18. Lebensjahr an Ihrem Rockzipfel hängen wird. So werden die Kinder bis zum Schuleintritt, im Schwimmen die Zeit der Grundausbildung, meistens gebracht. Mit Beginn der Schule, im Sport ab Grundlagentraining, werden die meisten Kinder dann mutiger. Sie wollen, wie viele ihrer Trainings- und Schulkameraden, immer mehr allein machen. Für viele Aktivitäten, wie Kino, Radfahren oder Einkaufen, gibt es gesetzliche Bestimmungen, die Eltern die Entscheidung leichter machen.  Es gibt aber einige Spielregeln, die allgemein bei Kindern im Grundschulalter empfohlen werden:

  • Bevor Sie Ihr Kind allein auf die Reise schicken, gehen Sie mit ihm den Weg zum Training so oft ab, bis es diesen nicht nur allein findet, sondern auch alle Verkehrszeichen beachtet. Bevorzugen Sie dabei den sichersten Weg, der nicht unbedingt der kürzeste sein muss.
  • Seien Sie im Verkehr Ihrem Kind immer Vorbild, besonders an Kreuzungen und Übergängen.
  • Machen Sie dabei Ihr Kind auf mögliche Gefahrenquellen aufmerksam, ohne diese zu dramatisieren.
  • Statten Sie Ihr Kind mit einem Handy aus und üben Sie, wie man damit umgeht. Zusätzlich sollte es immer eine Karte mit Namen und Adresse bei sich haben.
  • Wenn es Ihnen (oder Großeltern usw.) möglich ist, dann beobachten Sie das Kind in angemessener Entfernung auf diesem Weg.
  • Ihr Kind sollte eine Uhr haben und damit umgehen können. Kinder träumen oft unterwegs oder „verquatschen“ sich. Da werden schnell einmal aus 10 Minuten 30.
  • Prüfen Sie, ob der Weg oder Teile dessen gemeinsam mit Trainingskameraden gegangen werden kann.
  • Beachten Sie die psychische Situation. Den meisten Kindern ist es peinlich, wenn sie „gebracht“ werden.
  • Ermutigen Sie Ihr Kind, sich selbstbewusst gegen unangemessene Bevormundung durch Erwachsenen zu wehren. Das muss, so schwer es ist, in der Familie bereits gelebt werden. Es kann aber eine gute Grundlage sein, etwaige sexuelle Übergriffe auf dem Weg von und zum Training abzuwehren (s. F.09).

Verantwortungsbewusste, mutige und selbstständige Achtjährige können durchaus schon vieles allein bewältigen und entscheiden. Wenn Ihr Kind selbstständig und unabhängig werden soll, sollten Sie als Eltern mit zunehmendem Lebensalter immer mehr loslassen[1].

Hinterfragen Sie auch ihre eigenen Motive, wenn sie ihrem Kind etwas verbieten oder untersagen. Handelt es sich dabei um gerechtfertigte, schützende Grenzen oder um die Angst, das Kind an seine Selbstständigkeit zu verlieren? [2]


[1] Übrigens machte sich in Deutschland 2012 nur jeder zweite Grundschüler allein auf den Schulweg. 1970 waren es noch 91% (SPIEGEL 33/13, S. 120)

[2] nach Reimann-Höhn: Allein unterwegs-Was Sie Ihrem Kind zutrauen können. In: www.elternwissen.com

Der Weg zum Training
s. Video: https://www.youtube.com/watch?v=itZ_n7rtglQ

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