Wenn Sie Ihren Kindern unbedingt etwas geben wollen,
dann geben Sie ihnen ein gutes Beispiel (Pearl S. Puck)
Natürlich verbinden Sie mit der Frage die Gedanken, ob das Ihr Kind auch schaffen kann. Deshalb beschränke ich mich auf zwei deutsche Schwimmer/innen, wobei das nicht ganz einfach ist, denn Britta Steffen und Paul Biedermann haben als Kinder ein Sportsystem durchlaufen, dass es so heute nicht mehr gibt. Entnehmen wir also ihren Lebensläufen das, was auch den heutigen Nachwuchsschwimmer interessieren sollte. Sie werden sehen, dass diese nicht so geradlinig verlaufen sind und welche Bedeutung der Motivation zukommt.
Britta Steffen, die wohl erfolgreichste Schwimmerin des DSV nach der Vereinigung, zeigte bereits als Jugendeuropameisterin ihr außerordentliches Talent, war aber dann den zunehmenden Anforderungen des Hochleistungssports psychisch nicht gewachsen. Im Nachhinein äußerte sie zu dieser Zeit: “Ich war immer zu ehrgeizig, nie zufrieden. Ich wollte immer alles, und war dann verzweifelt, wenn es nicht so gekommen ist”. Beeinflusst durch mehrere Misserfolge, so war sie zu den Olympischen Spielen in Sydney nur für den Staffel-Vorlauf nominiert, gab sie auf und begann mit 21 Jahren ein Studium. 2004 meldete sie sich bei van Almsicks Trainer Warnatzsch, der Britta zunächst psychologisch betreuen ließ. Dieser Weg wurde 2006 mit mehreren Weltrekorden und dem Europameistertitel belohnt. Die Krönung waren die Olympischen Spiele 2008 mit zwei Goldmedaillen. Ihr Kommentar damals: “Jeder muss seinen eigenen Weg finden. Wenn ich nicht erfolgreich gewesen wäre, hätte man mich auch kritisiert. Leistungen im Schwimmen sind individuell und nicht über einen Kamm zu scheren. Ich habe auch nicht alles richtig gemacht.” In London 2012 zeigte sie sich dann auch wieder störanfällig und den hohen Erwartungen, besonders von den Medien, nicht gewachsen. Nach anfänglichem Hader mit sich und der Welt, trat die inzwischen 29jährige bei den Europameisterschaften kurzzeitig selbstbewusst auf, verabschiedete sich dann aber zum Leidwesen vieler Fans vom Leistungssport. Aber auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts (Max Planck).
Paul Biedermann wurde im Kindesalter nicht als Schwimmtalent gesehen. Er hatte sogar in einigen für das Schwimmen wesentlichen Bereichen Nachteile im Vergleich zu anderen Top-Athleten (z. B. Beweglichkeit, motorische Vielseitigkeit), glich dieses Manko aber durch Charakterstärke aus. Sein Trainer, Frank Embacher, beschreibt ihn als „positiven“ Egoisten und Einzelgänger, der zielorientiert handelt und mit höchstem persönlichem Einsatz um die Realisierung seiner Ziele hartnäckig kämpft. Nach einigen Erfolgen auf den langen Strecken im Jugendalter gelangte der Sprung in die Weltelite recht spät und wurde im Alter von 23 Jahren mit Weltmeistertitel und Weltrekord gekrönt. Zu den Olympischen Spielen 2012 konnte er aber seine hochgesteckten Ziele nicht verwirklichen und fiel danach erst einmal in ein psychisches Loch, aus dem er sich mühselig wieder befreite und das er so beschrieb:
„Ich konnte einfach mal Fünf gerade sein lassen und hatte Zeit. Das war Luxus für mich. Der Einstieg fiel mir aber auch schwer, weil ich London noch nicht richtig verarbeitet hatte. Ich kam wieder in die Trainingshalle, kannte das enorme Pensum, das auf mich zukommt, um wieder erfolgreich zu sein. Ich mache das jetzt 15 Jahre – da ging mir schon mal durch den Kopf: ‘Möchte ich das noch?’ Jetzt weiß ich: ‘Ja, ich möchte es noch.’ Mit genügend Abstand hat es mich wieder gepackt. Peu à peu merke ich, dass ich London verarbeiten und nach vorne blicken kann. Ich werde definitiv bis 2016 weitermachen.“
Die „Schwimmkinder“ müssen aber die Vorbilder nicht in der weiten Welt suchen, oft gibt es die im eigenen Verein. So beschreibt der Trainer von Phelps, Bob Bowman, die Situation bei seinem Verein North Baltimore Aquatic: „Durch die Nähe zu den Topschwimmern denken unsere jungen Schwimmer „ich werde auch einmal so gut sein“. Superstar ist natürlich Michael (Phelps), den die 8-Jährigen beim Verlassen des Pools immer an die Schultern stoßen (dürfen). (s. Bild)