Trainingspause?

Bei unserer 12jährigen Tochter hat die Monatsblutung (Menstruation) eingesetzt. Ergeben sich Konsequenzen für das Schwimmtraining?

Ich darf davon ausgehen, dass Ihre Tochter aufgeklärt ist, Sie mit ihr im Gespräch sind und auf die erforderliche Hygiene eingestimmt haben. Nehmen Sie ihr die Angst, die die ersten Blutungen begleiten kann. Ihre Tochter sollte zu einer positiven Einstellung zu den Vorgängen in ihren Körper gelangen und entspannt damit umgehen. Umso leichter sind auch Entscheidungen in Verbindung mit dem Training zu treffen.

Bekanntlich sitzen in dieser Situation zig Mädchen im Schulschwimmunterricht mit „Schnupfen“ auf den Bänken. Im Fall Ihrer Tochter darf vorausgesetzt werden, dass sie zum Training gehen möchte. Auch wenn ich die Schummel-Aktion im Schulschwimmen nicht teile, im Training ist dafür kein Platz. Ihre Tochter sollte dem Trainer „reinen Wein“ einschenken. Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter. Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass die Menstruation von Frau zu Frau, selbst von Zyklus zu Zyklus sehr unterschiedlich verlaufen kann und deshalb sehr individuell reagiert werden muss. Deshalb sollte ihre Tochter einen Zykluskalender führen. Und generell ist festzuhalten: Die Menstruation ist ein natürlicher Blutverlust und keine Krankheit. Die sportlichen Bewegungen lösen sogar menstruationsbedingte Verkrampfungen. Jede Sportart ist erlaubt, auch Schwimmen.

Dabei sind zunächst zwei Fragen zu klären:

1. Was ist zu tun, damit man in das Wasser kann?

Das ist heutzutage kein Problem. Dazu gibt es Binden, besser Tampons. Helfen Sie Ihrer Tochter, wie sie damit umgehen sollte, ansonsten sucht sie sich Rat bei ihren Trainingspartnerinnen. Es bleibt ihre persönliche Entscheidung, erst recht nicht die des Trainers/der Trainerin. Empfohlen     wird, vor dem Schwimmen kalt zu duschen, da so die Blutung abgeschwächt wird. Duschen nach dem Schwimmen gebietet sich schon aus hygienischen Gründen.

2.  Ist die Trainingsbelastung zu reduzieren?

Die Leistungsfähigkeit schwankt zwischen den verschiedenen Menstruationszyklen, die individuell variieren, wie auch der gesamte Zyklus mit 21-35 Tagen. Nur bei 10% der Frauen verläuft er regelmäßig mit 28 ± 6 Tagen. In der Literatur (Böckler, 1977) werden drei bis vier Phasen des Menstruationszyklus beschrieben:    

  • Menstruationsphase 1.-5. Tag
  • Aufbauphase (auch postmenstruelle Phase) 6.-14. Tag
  • Absonderungsphase 15.-28. Tag

Bei den meisten Frauen liegt das Leistungsoptimum vermutlich durch den zunehmenden Östrogenspiegel und die parasympatikone Einstellung des vegetativen Nervensystems etwa vom 6.-14. Tag des Zyklus (postmenstruelle Phase). Besonders in den letzten Tagen vor der nächsten Blutung (prämenstruelle Phase) können Symptome wie Schweregefühl der Brust, Wassereinlagerung, emotionale Labilität, Kopfschmerz, Müdigkeit sowie Störungen des Kohlehydratstoffwechsels auftreten. Die Mediziner sprechen vom Prämenstruellen Syndrom (PMS). 40-90% der Frauen klagen über mindestens ein PM-Symptom. Wichtig zu wissen: Regelmäßiges Training kann die PMS-Symptomatik günstig beeinflussen. Frauen, die regelmäßig Sport treiben, klagen weniger über Regelstörungen als Frauen, die selten oder keinen Sport treiben.

Anders verhält es sich im Hochleistungssport, wo die Risikofaktoren für sportinduzierte Zyklusstörungen ungleich höher sind. Dann kann sich die Menarche verspäten, die Monatsblutung seltener auftreten (Oligomenorrhö) oder ausbleiben (Amenorrhö). In dem Fall sollte die Trainingsbelastung angepasst werden. Dabei steht nicht die Frage „Training im Wasser“ im Vordergrund, sondern die Intensität der Belastung. Zudem sollten zusätzliche emotionale und psychische Stressbelastungen gemieden werden. Die Belastungsgrenzen sind individuell auf der Basis eines engen Vertrauensverhältnisses zwischen Athletin und Trainer auszuloten. Auf dieser Vertrauensbasis kann man sich auch einmal für Landtraining oder einen Ruhetag entscheiden ohne gleich als „Drückeberger“ verdächtigt zu werden. Bei entsprechender Belastungs- und Verhaltensänderung, wobei die Ernährungsgewohnheiten mit zu berücksichtigen sind, stellt sich eine normale Monatsblutung von allein ein. Sollten die Störungen anhalten, steht der Gang zur Gynäkologin an.

Ein anderes Kapitel ist die Verschiebung der Menstruation durch die Gabe von Sexualhormonen. Das mag begründet sein, wenn sich eine Schwimmerin vier Jahre auf ihren olympischen Wettkampf vorbereitet und der Start just in die letzte Zykluswoche (Prämenstruelle Phase) fällt. Nun kann man den Menstruationszyklus immer noch leichter verschieben als den Termin vom Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften. Das ist aber Sache des Arztes und muss langfristig abgestimmt sein. So ist es günstiger, die Blutung vorzuverlegen. Der Wettkampf sollte in die erste Zyklushälfte fallen. Bei Mädchen unter 16/17 Jahren ist eine solche Verabreichung von Hormonen zu unterlassen, da sie die Stabilisierung des Menstruationszyklus verzögert und zu einem vorzeitigen Schluss der Wachstumsfugen führen kann (Bausenwein et al., 1971).

Die Ausführungen stützen sich weitgehend auf den Beitrag von Graf et al.: Frau im Sport, in Rost (Hrsg.) Lehrbuch der Sportmedizin. Deutscher Ärzte-Verlag Köln. 2001.

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