Verteuerter Urin

Sollte ein Leistungssportler Präparate wie Kohlenhydrate oder Aminosäuren o.ä. als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) zu sich nehmen?

Die meisten Nahrungsergänzungsmittel verteuern nur den Urin (Spruch der Ernährungswissenschaftler)

Wir leben nun mal in einer Zeit, wo schneller, schöner, besser zählt. Die Verlockung nachzuhelfen ist groß, zumal das Internet von Angeboten überschwemmt wird. Erweitern wir die Frage: Müssen wir unsere Ernährung überhaupt ergänzen? Nutzt das dem Sportler oder sind Gefahren damit verbunden?

Der DSV unterrichtet seine A-Lizenz-Trainer zu diesen Fragen aus erster Quelle: Das Institut für Biochemie der Deutschen Sporthochschule Köln kontrolliert die wichtigsten NEM, die in der Sportszene kursieren, mit zum Teil sehr ernüchternden bis beängstigenden Ergebnissen[1].

NEM sind ernährungsphysiologisch bedeutsame Stoffe wie Vitamine, Mineralstoffe, Amino- und Fettsäuren, die den Lebensmitteln und nicht den Arzneimitteln zugeordnet werden. Somit unterliegen sie nicht der Genehmigung durch das Bundesamt und können im freien Markt bezogen werden, zum Teil produziert von einer „kriminellen, menschenverachtenden Milliarden-Euro-Industrie“. Die Gewinnmargen übertreffen die der Rauschgiftmafia. Dabei handeln Medikamentenfälscher aus finanziellem Eigennutz und setzen die Verbraucher schamlos und bewusst erheblichen gesundheitlichen Risiken aus (Focus, 17/2010).

Die Kölner Wissenschaftler um Dr. Geyer analysierten, dass nahezu jedes sechste NEM vor Substanzen oder Pharmaka strotzt, die verschreibungspflichtig und im Sport verboten sind. Und das Kriminelle bei der Sache, diese Mittel erscheinen weder auf der Packung noch im Beipackzettel. Das böse Erwachen erfolgt dann nach der positiven Dopingkontrolle: „Ich hatte doch nur NEM genommen“. Selbst Brausetabletten für Supermarktketten können kontaminiert sein, wenn die Produktionsanlagen nicht ausreichend gereinigt wurden. Und schon haben Sie Ihr Kind in seiner sportlichen Entwicklung nicht unterstützt, sondern ausgebremst (gedopt). Nach der Einnahme von bereits einer einzigen Kapsel der so genannten „natürlichen Steroide“ aus den USA wiesen alle Probanden einen positiven Dopingbefund auf (Geyer et al. 2000). Auf der „Kölner Liste“ sind inzwischen alle Produkte aufgeführt, die Qualitätskontrollen unterliegen und somit nicht mit Prohormonen verunreinigt sind.

Die andere Wahrheit ist, dass mit großer Wahrscheinlichkeit auch die erwarteten physiologischen Effekte ausbleiben. Sie sind nur dort angebracht, wo es aus unterschiedlichen Gründen an Vitaminen, Mineralien, Enzymen oder Eiweiß mangelt. Ob auch die sportliche Leistung gefördert wird, ist dagegen zweifelhaft. Die positive Bewerbung dieser Substanzen ist bis auf Kreatin in keiner seriösen Studie belegt worden. Mit einer ausgewogenen Ernährung werden die oben genannten Stoffe ausreichend aufgenommen. Allerdings kann es durch schnelles Wachstum (Pubertät) oder Menstruation zu Eisenmangel kommen. Die Kinder wirken schlapp, energielos und nicht mehr so leistungsfähig. Können diese Symptome nicht durch eine entsprechende Nahrung (Fleischprodukte, Blattgemüse, Spinat, Leinsamen, Hülsenfrüchte, Nüsse usw.) abgestellt werden, sollte der Hausarzt konsultiert werden, bevor Sie Medikamente oder NEM verordnen.

Ein weiteres Problem ist, dass wir unsere Kinder im Leistungssport schützen wollen, viele Erwachsen sich aber keinen Deut darum scheren, wie der folgende Auszug beweist (DOSB-Presse):

Am unglaublichsten aber scheint das chinesische „Wellness“-Produkt „Meizi“ zu sein. Der nicht angegebene Inhalt in den Teebeuteln nach den Untersuchungen der Biochemiker aus Köln: das Abnahmemittel „Sibutramin“ in einer Dosis, die normalerweise nur in besonderen Fällen von Ärzten auf Rezept abgegeben wird. Die Einnahme führt zu einer starken Gewichtsreduktion, allerdings mit dramatischen Gesundheitsgefährdungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt. „Solche Mittel finden natürlich das Interesse von Sportlern, die vor Wettkämpfen schnell abnehmen wollen“, sagt Dr. Hans Geyer. „Auch eine ständig steigende Zahl von Freizeit- und Breitensportlern versorgt sich mit gefährlichen Produkten.“ Ein Mix aus Anabolika-Präparaten, Nahrungsergänzungsmitteln und zum Beispiel zweifelhaften Wellness-Tees sorgt für einen „perfekten Körper“ in Turbozeit. Rund 400.000 Männer schlucken oder spritzen im Freizeit- und Breitensport in Deutschland allein Anabolika. Die Zahl der NEM-Konsumenten ist dagegen im Dunkeln, Experten gehen von weit mehr als einer Million aus.

Summa summarum, trennen Sie sich von vielleicht liebgewordener Gewohnheit, mit „vitaminisierten“ Gummibärchen, bunten Kapseln mit Fischöl und…und…, um das Wohlbefinden Ihres Kindes aufbessern zu wollen. Die meisten dieser Fitmacher sind überdosiert, bestenfalls überflüssig und oft sogar schädlich. Mit der Maßgabe „viel hilft viel“ können Sie überdosieren (z.B. mit Vitamine A, D und E). Mineralstoffe (Zink, Kupfer, Eisen, Mangan) sind durch eine ausreichende Ernährung abgedeckt.

 Wenn Ihr Kind allerdings einige Stufen auf der Treppenleiter des Sports weiter gestiegen ist und sich den Belastungen des Hochleistungstrainings stellt, dann sollte die Ernährung mit einem Ernährungsberater abgestimmt werden. Je nach Trainingsinhalt kann hier ein Mehr an Kohlehydraten oder Eiweißen (Aminosäuren) angeraten sein.

nach beebalanced.ch

[1] nachzulesen unter: http://www.koelnerliste.com/koelner-liste.html

                    

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