Es mag Eltern geben, die froh sind, wenn sie ihre Blagen mal einige Zeit vom Hals haben, aber für die Mehrheit der Eltern ist die Aufnahme ihres Kindes in ein Internat schmerzlich und mit Gewissensbissen verbunden. Aber Kindeswohl erfordert nicht unbedingt, die Kinder an den heimatlichen Herd zu fesseln. Beginnen wir mit einem einfachen Rechenbeispiel:
Sie schreiben selbst, dass Ihr dreizehnjähriger Sohn bereits 6 x in der Woche trainiert, also täglich + (zumeist) Wettkampfwochenende. Bei acht Schulstunden täglich ist er etwa 14.35 Uhr fertig mit Unterricht, benötigt 45 Minuten bis zur Schwimmhalle und trainiert dort 15.30 Uhr eine Stunde an Land und danach 90 Minuten im Wasser. Wenn alles gut geht, kreuzt er gegen 19.00 Uhr hungrig bei Ihnen auf. Da sind noch keine Hauaufgaben gemacht. Und zu spät kann er auch nicht ins Bett, da er ja bereits 6.00 Uhr aufstehen muss. Und am Schlaf knapsen, geht an die Substanz.
Mit zunehmendem Trainingsumfang wird der Zeitaufwand für Wegstrecken immer mehr zum Knackpunkt, besonders mit der Einführung der zweiten Trainingseinheit am Tag. Der ganze Trainingsaufwand ist aber „für die Katz“, wenn nicht ein abgestimmtes Verhältnis zwischen Belastung und Erholung gesichert ist. Es gibt aber noch mehr Gründe, die für Internate sprechen. Sie ermöglichen oft den Zugang zu hochspezialisierten Schulen, besonders zur Förderung von musischen oder sportlichen Begabungen. Es können aber auch pädagogische Gründe sein, denn das Aufwachsen in einer Gemeinschaft birgt viele Vorteile. Sie merken das schon, wie leicht Ihrem Sohn der Wechsel fallen würde, wenn er diesen Schritt gemeinsam mit seinen Trainingskameraden unternimmt.
Die Sportinternate haben nichts gemein mit den Elite-Internaten privater Anbieter, in denen ein elitärer Klüngel seine Nachfahren parkt und hofft, dass diese ihre Karriere gleich auf der Überholspur beginnen. Der DOSB hat erkannt, dass die Weiterentwicklung der Internatssysteme und „Häuser der Athleten“ das Zeitbudget der Sportler ökonomisiert. Als konstitutionelle Bestandteile des Verbundsystems Schule und Leistungssport gibt es zwei Formen[1]:
- „Häuser der Athleten“, die als Sportinternat (Kadersportler im Schulalter) oder als Wohnheim (Kader nach Schulabschluss) die Rahmenbedingungen für die duale Laufbahn in Sport und Schule, Studium, Ausbildung oder Beruf gewährleisten. Sie sind zumeist in Nähe der Olympiastützpunkte angesiedelt.
- Internate der Eliteschulen des Sports, die durch enge räumliche Bündelung von Trainingsstätte, Schule und Wohnraum eine auf den jugendlichen Leistungssportler zugeschnittene zeitliche Flexibilisierung von Schul- und Trainingsabläufen und deren Verzahnung gewährleisten.
Die jeweiligen Organisationsformen erschließen Sie bitte vor Ort[2]. Sie können sich für ein Teilzeit- oder Vollzeitinternat entscheiden. Einige Internate bieten auch „Schnupperaufenthalte“ an. Damit verhindern Sie einen zu abrupten Übergang oder eine Fehlentscheidung.
Sie können Ihr Kind aber nicht einfach anmelden. Es muss bestimmte Vorgaben erfüllen, die aus den Internetseiten der jeweiligen Internate ersichtlich oder vom Trainer/Landestrainer erhältlich sind. Kommen wir auf Ihre Frage zurück: Die meisten Internate nehmen Schwimmer/innen zur 7. teilweise bereits zur 5. Klasse auf. Ob das sinnvoll ist, hängt sehr stark vom Kind, seinem sportlichen Talent, von der Familiensituation und vom schulischen Umfeld bis zum Freundeskreis ab. Und letztendlich von den Kosten, die von 400 bis 700 € betragen können. Aber da sind je nach Kaderzugehörigkeit Zuschüsse möglich und vergessen Sie nicht, Ihr Kind ist rund um die Uhr versorgt, von sportgerechter Ernährung bis zur Hausaufgabenbetreuung durch ausgebildete Pädagogen.
[1] DOSB: Nationales Spitzensportkonzept
[2] S. auch https://www.internat-vergleich.de/sportinternat.html