Gestatten Sie bitte, Ihre Frage auf körperbauliche Voraussetzungen einzuengen, denn sonst müsste die ganze Physis des Menschen in ihrer Einheit von Anatomie und Physiologie betrachtet werden. Dazu zählen die konditionellen Voraussetzungen wie Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Beweglichkeit. Und unweigerlich zwängt sich die Frage auf, was bringt Ihr Kind „von Haus aus“ mit (vererbt) und was hat es sich im Training bereits angeeignet? Kurzum wir hätten die gesamte Talentproblematik abzuhandeln, auf die in dieser Fibel in mehreren Antworten eingegangen wird (s. A.1, A.6).
Im Schwimmsport ist augenfällig, dass immer schneller geschwommen wird ohne die Anzahl der Züge (Frequenz) zu erhöhen. Anders gesagt, man legt pro Schwimmzyklus mehr Weg zurück. Das geht schon mal bis zu 2,5 m. Dazu gehören Kraft, Wassergefühl und lange Hebel. Und da sind wir bei der Biomechanik angelangt. An der Schwimmbank erzielen in der Regel die größeren Schwimmer mehr Armzugkraft (korrekt: Arbeit), da die Arbeit das Produkt aus Kraft und Weg ist.
Und nun schauen Sie sich mal einen der großen Schwimmwettkämpfe an und Sie werden mehrheitlich große, relativ schlanke Schwimmer sehen. Das mag zunächst ein oberflächlicher Eindruck sein, doch lassen wir Fakten sprechen:
- Die Olympiateilnehmer der führenden Schwimmnationen sind mit 188 cm (Männer) und 174 cm (Frauen) etwa um 6% größer als die Normalbevölkerung.
- Dabei überragten die Finalteilnehmer das übrige Feld auch in der Körperhöhe.
- Auch unsere JEM-Teilnehmer oder die Starter beim Jugendmehrkampf sind im Mittel größer als die gleichaltrige Normalpopulation.
- Einige der weltbesten Schwimmer leben auf extrem „großen Fuß“ (Schuhgröße von Thorpe über 50, von Melissa Franklin 45).
- Viele hervorragende Schwimmer haben eine recht große Armspannweite. Deren Verhältnis zur Körperhöhe wird auch als „Affenindex“ bezeichnet (s. Abb.).
- Günstig ist eine schmale Hüfte, da so der Widerstand verringert wird (Das Verhältnis von Trochanterbreite zur Körperhöhe liegt unter 18%).
Also körperbaulich für Sportschwimmen geeignet zu sein heißt: groß, schmal in der Hüfte, lange Arme, große Hände und Füße und nicht übergewichtig (BMI normal bis gering).
Aber: – Da schwimmt die Japanerin Shiho Shakai über 100m Rücken auf der Kurzbahn Weltrekord. Und das bei einer Körperhöhe von 159 cm. Wie das? Bei 100m auf der Kurzbahn werden nur 40m Rücken geschwommen, 60m in der Delfinbewegung. Und da können die Kleineren ihre körperbauliche Benachteiligung kompensieren. Ebenso durch die Ausdauer. Also findet man
die „Riesen“ mehr im Sprint, während die Kleineren sich bis 10 km austoben können.
Der im Hochleistungsbereich gut gesicherte Zusammenhang zwischen körperbaulichen Voraussetzungen und Leistung ist im Nachwuchsbereich durch unterschiedliche biologische Entwicklung und Trainingsumfänge nicht so augenscheinlich und erschwert die Talentauswahl.
Um das Wachstum Ihres Kindes statistisch zu begleiten, können Sie Wachstumskurven führen (http://www.grosswuchs.de/2b.htm).